Bei dem 1968 errichteten Naturzugkühlturm des 350 MW Blocks im Steinkohlekraftwerk Lünen der Steag AG wurden bei einer routinemäßigen Inspektion unter anderem geringfügige Betonabplatzungen an der Außenschale und den Windrippen festgestellt. Parallel zur betontechnologischen Untersuchung hatte der Kraftwerksbetreiber statisch-konstruktive Untersuchungen als Grundlage für eine umfassende Bestands- und Sicherheitsbewertung veranlasst.
Im Rahmen dieser Untersuchungen wurde ausschließlich der Grenzzustand der Tragfähigkeit betrachtet, da in der Planungszeit des Kühlturms Nachweise zur Beschränkung der Rissbreite nicht geführt wurden und sich daher die Gebrauchstauglichkeit nach aktuellem Regelwerk in aller Regel nicht nachweisen lässt. Die Berechnungen mit einem Schale, Stützen, Fundament und Boden umfassenden integralen FE-Gesamtmodell des Bauwerks ergaben für die Beulsicherheit und das Eigenschwingungsverhalten nach heutigen Anforderungen genügende Werte. Allerdings lieferte die Bemessung gegenüber den vorhandenen Bewehrungsgehalten örtliche Bewehrungsdefizite. Dies galt für linear ermittelte Schnittgrößen und war stark von der Steifigkeit des Baugrunds abhängig. Ausreichende Standsicherheit ließ sich mit einer physikalisch nichtlinearen Berechnung nachweisen, bei der die Rissbildung des Beton und die damit verbundenen Steifigkeitsänderungen berücksichtigt werden, die zu einer Lastumlagerung und Aktivierung der Bewehrung in größeren Schalenbereichen führen.
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